benefit E2

  • Datum
    2018
  • Autor(en)
    Wurzbacher, Steffen; Drebes, Christoph; Kuhn, Christoph - Teil 1, 2, 3, 4, 5, 7 Müller, Nikolas D.; Pfnür, Andreas - Teil 1, 6, 7
  • Bezug über
    Kuhn, Christoph; Wurzbacher, Steffen; Drebes, Christoph
  • Kurzbeschreibung
    Der rasant wachsende Ausbau der gebäudebezogenen Solarenergienutzung bietet die Chance zu einer tragenden Säule einer erneuerbaren Energieversorgung zu werden. Gleichzeitig wurden unterschiedliche Vorbehalte hinsichtlich der Verwendung applizierter und technischer Solarsysteme durch unterschiedliche Experten des Bauwesens geäußert. Für einen weiteren erfolgreichen Ausbau der gebäudebezogenen Solarenergie bedarf es somit adaptiver und gestalterisch hochwertiger Systemlösungen, die für die handelnden Akteure wirtschaftlich sind. Das vorliegende Forschungsprojekt knüpfte an die qualitative Interviewforschung des vorangegangenen Projektes „benefit E“ (AZ: SWD-10.08.18.7-13.47) und die dort identifizierten Hemmnisse bei der Integration von gebäudebezogenen Solarsystemen an und entwickelte Strategien und Konzepte für zukünftige, solaradaptive Gebäudehüllen. Unter „solaradaptiv“ werden dabei Prinzipen bezeichnet, welche eine passive und aktive Solarenergienutzung innerhalb einer architektonischen Gestalt nutzungsgerecht ermöglichen. Dabei besitzen sie die Fähigkeit durch unterschiedliche Konfigurationen auf spezifische energetische, konstruktive oder gestalterische Belange zu reagieren. Ein wesentlicher Aspekt dabei liegt auf der Berücksichtigung thermodynamischer Effekte volatiler solarer Erträge. Phasenverschiebung und Laststeuerung sind dabei wichtige Grundeigenschaften solaradaptiver Verhaltensweisen. Insbesondere solare Wärme und Abwärme aus solarer Stromproduktion können in unterschiedlicher Weise energetisch verwertet werden. Gleichzeitig müssen auch solaradaptive Gebäudehüllen den gleichen wirtschaftlichen Anforderungen gerecht werden, die auch an „Standardsysteme“, ohne solarer Funktionsweise gestellt werden. Ziel des Projektes benefit E2 war die Analyse dezidierter Anwendungsgebiete solarenergetischer Nutzungen an unterschiedlichen Gebäuden, der Entwurf eines solaradaptiven Prinzips unter Berücksichtigung energetischer, konstruktiver und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen sowie die Darstellung dessen gestalterischer Bandbreiten. Methodisch wurden hierfür die vier Maßstabsebenen – Gebäude, Hülle mit konstruktivem Bauteilaufbau sowie Bauprozess und Betrieb – bearbeitet. Für die Analyse von Anwendungsgebieten und Handlungsfeldern solarer Nutzungen wurden in einem ersten Schritt umfangreiche typologische Untersuchungen vorgenommen. Anhand von Simulationen wurden spezifische solare Strahlungsprofile („solarer Fingerabdruck“) für die gängigen Gebäudetypen – punktförmiger Bau, Hochhaus, Zeilenbau, hofförmiger Bau und Halle - generiert. Ermittelte energetische und baustrukturelle Kennwerte wurden in einen eigenen Typologiekatalog einbeschrieben. Parallel zur Ermittlung von Strahlungspotenzialen an typischen Gebäude wurden diese in Anzahl und Anteil am gesamten Gebäudebestand quantifiziert. In einem zweiten Schritt wurde ein solaradaptives Fassadenprinzip entworfen. Dieses setzt sich aus einem feingliedrigen, vorgehängten „Fassadenrost“ zusammen, welcher in hohem Maße vorgefertigt werden kann und durch seine Kleinteiligkeit eine maximale Gestaltungsfreiheit für den Architekten ermöglicht. Der „Rost“ ist Tragstruktur für eine äußere und innere Schicht, welche jeweils unterschiedliche konstruktive und gestalterische Aufgaben übernehmen. Die äußere Schicht dient dem Wetterschutz, der solaren Energieerzeugung (aktiv und passiv) sowie der individuellen architektonischen Ausdrucksform, die innere Schicht bildet den Raumabschluss und besteht aus einem Dämmpaket, Festverglasung oder Fensterflügel. Der Zwischenraum des „Rostes“ kann je nach energetischem Ziel Luft einkapseln oder luftdurchströmt sein. Eine geschlossene Luftschicht dient dabei dem Speicher solarer Wärme sowie Abwärme aus aktiver solarer Stromproduktion. Eine Durchströmung hingegen ermöglicht den Abtransport solarer Wärmelasten aus dem Zwischenraum. Je nach Konfiguration wurden ganz unterschiedliche thermodynamische Verhaltensweisen im Sommer- und im Winterfall vermutet. Zur Bestimmung sinnvoller Schichtzusammenstellungen wurden deshalb dynamische Simulationen unterschiedlicher Bauteilaufbauten durchgeführt. Neben einer Serie variierender solaradaptiver polyfunktionaler Fassadenprinzipien, wurden auch gängige „Standard“ Bauteilaufbauten simuliert. Die Ergebnisse des bauteilbezogenen Variantenvergleichs flossen zur weiteren Bewertung ebenfalls in das folgend beschriebene Gebäudeenergiemodell ein. Zur energetischen, ökologischen und monetären Bewertung von Integrationsmöglichkeiten thermischer und elektrischer Solarenergie wurde in einem dritten Schritt ein Gebäudeenergiemodell entwickelt, mit welchem alle wesentlichen Energieströme, inklusive Anlagentechnik am Gebäude abgebildet werden können. Die unterschiedlichen Konfigurationen konnten somit auch Endenergetisch und hinsichtlich des resultierenden CO2-Ausstoßes bewertet werden. Aufbauend auf den Ergebnissen des Gebäudeenergiemodells wurden die finanziellen Effekte des entwickelten Systems am Beispiel eines Bürogebäudes analysiert. Für diese Analyse wurde eine Schnittstelle wesentlicher Kenndaten entwickelt, die es ermöglicht hat, umfangreiche Wirtschaftlichkeitsbetrachtung solaradaptiver Fassaden durchzuführen. Ein besonders Merkmal ist, dass die finanziellen Effekte solaraktiver Fassadenelemente auf der Grundlage vollständiger Finanzpläne modelliert und dabei die wechselseitigen Effekte für die Eigentümer und Mietern abbildet. Die umfangreichen Analysen haben große Einsatzfelder solaradaptiver Gebäudehüllen im Bestand identifiziert. Das neue polyfunktionale Fassadenprinzip erweist sich hierbei als energetisch und gestalterisch flexibel einsetzbar. Durch die Pufferung von solarer Wärme und Abwärme aus aktiven Systemen kann der Heizwärmeverbrauch äquivalent zu Dämmmaßnahmen gesenkt werden. Die „Anfälligkeit“ solarer Pufferzonen hinsichtlich einer sommerlichen Überhitzung kann durch gesteuerte Durchströmungen weitgehend ausgeschlossen werden. Die Ergebnisse umfangreicher Analysen zeigen zudem, dass solaraktive Fassadenelemente für Eigentümer und Mieter wirtschaftlich sein können und damit einen Beitrag zur Durchsetzung der Wärmewende (Energiewende im Gebäudebereich) leisten. Insgesamt wird der hybriden Solarenergienutzung gerade im Fassadenbereich großes Potenzial zur regenerativen Energieerzeugung zugesprochen.